linear  \\  dimensional

3. bis 31. Juli 2022

In ihrer Reduktion und formalen Sparsamkeit zeigt sich die Ausstellung „linear \\ dimensional“ als eine Präsentation von ästhetischer Übereinstimmung in einem klaren thematischen Kontext. Die Arbeiten von Ingrid Hornef, Jürgen Wolff, Cornelia Rohde und Jürgen Forster verbindet die vom Ausstellungsthema vorgegebene Gemeinsamkeit des linearen Bezugs und der optischen wie auch realen dimensionalen Erweiterung.

 


Kontrastreiche Schwarzweiß-Bilder als Ergebnis eines hundertfachen Würfelwurfs: Arbeiten aus dem Zyklus "Alea iacta est" von Ingrid Hornef

 

INGRID HORNEF

Die schwarz-weißen Arbeiten Ingrid Hornefs der Serie „alea iacta est“, von denen die Ausstellung vier Werke zeigt, sind geprägt von streng geometrischen Linien und Flächen, in denen die Betrachter immer wieder nach versteckten Regeln, nach den Gesetzen der gewählten Linienführung und nach ästhetischen Motivationen sucht.

Albrecht Beutelspacher, der Direktor des Mathematikums Gießen, hat sich intensiv mit den Prinzipien beschäftigt, nach

 

 

 

 

 

 

 

Ingrid Hornef:

Objekt 312 | 2015

Acryl, MDF, Edding, Bleistift

60 x 60 cm

 

 

 

 

 

Ingrid Hornef:

Objekt 304 | 2015

Acryl, MDF, Edding

60 x 60 cm

 

denen die Künstlerin arbeitet. In einem von ihm verfassten Beitrag im Katalog zur Ausstellung schreibt er: „Man durchforscht das Bild nach einer Struktur, mit der es sich erschließen lässt, bleibt aber ohne Erfolg. Erst der Begriff ,Zufall‘ lässt einen erahnen, was wirklich dahintersteckt: Ingrid Hornef visualisiert in ihren kontrastreichen Schwarzweiß-Bildern das Ergebnis eines hundertfachen Würfelwurfs.“ Erwürfelte Kompositionen – der Mathematiker erläutert im Katalog sehr genau, wie Ingrid Hornef arbeitet.

 



Ausstellung LINEAR \\ DIMENSIONAL, von links: drei Papierschnitte von Jürgen Wolff, Zeichnung von Cornelia Rohde

 

JÜRGEN WOLFF

Was an den grafischen Arbeiten von Jürgen Wolff von Beginn an fasziniert, ist die Akkuratesse seiner Zeichnungen, die Präzision seiner Papierschnitte, aber auch eine Neigung, die im Kunstbereich absolut unüblich ist: das eigene künstlerische Schaffen mathematisch und überhaupt wissenschaftlich zu begleiten und zu begründen. In einer knappen Darstellung seiner künstlerischen Intention erklärt er: „In meiner künstlerischen Feldforschung arbeite ich sowohl mit konstruktiv-analytischen als auch poetischen

 

Mitteln, achte auf die Wechselwirkung von Dichte, Rhythmus und Raum, verschlüssele und schürfe im Dazwischen, um diese Struktur zu entdecken und sichtbar werden zu lassen.“ Er erkundet gestalterische Wechselwirkungen von seriellen Rhythmen und verdichteten Räumen und ist auf der Suche nach Strukturen, die sich aus einem immer wieder neu entwickelten breiten Formenkreis ergeben. Auf diese Weise entstehen reizvolle skulpturale Papierarbeiten, von denen in der Ausstellung drei Exponate zu sehen sind.


Strukturen aus einem immer wieder neu entwickelten Formenkreis, von links: Papierschnitte Nr. 78 (30 x 40 cm), Nr. 53 (50 x 50 cm) und Nr. 80 (30 x 40 cm)


CORNELIA ROHDE

Auch im grafischen Werk von Cornelia Rohde bleibt das breite Spektrum der Linie in ihrem Duktus und ihrer Ausdruckskraft, ihrer unterschiedlichen Dichte und Intensität, das zentrale Thema. Im formalen Gleichklang mit ihren oft großformatigen Öl- und Acrylbildern, die über viele Jahre ihr Oeuvre bestimmten, steht auch in den   Siebdrucken das Erproben und Erforschen linearer Vielfalt im Vordergrund. Die Begrenzung auf das kleinere grafische Format konzentriert den Blick auf die Formenwelt und die

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cornelia Rohde

SD 100

Siebdruck auf Papier

80 x 60, 2021

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Cornelia Rohde

SD 25

Siebdruck auf Papier

80 x 60, 202

 

 

 

 

Eigenart der Linie, und sie reduziert die bildnerische Botschaft auf thematische Details. So erscheinen die abgebildeten Linienbündel teilweise ausschnitthaft wie unter einem Brennglas und dokumentieren die Feinheiten der Abstufung zwischen haarfein und markant, spielerisch schwingend und kontrastreich-streng. Die formelhaft-serielle Anordnung einzelner Bildelemente inszeniert im Bildraum eine geheimnisvolle rhythmische Dynamik und die Präsenz von kraftvoller Energie.



JÜRGEN FORSTER

Die experimentellen digitalen Grafiken, die Jürgen Forster neben anderen zeigt, entstanden in der Phase geometrischer Abstraktion, in der die farbige Linie und eine klare konstruktive Gitterbildung dominieren. Die Prinzipien der klaren Begrenzung, des rechten Winkels und der geraden Linie sind aufgehoben und die akkurate serielle Anordnung vibrierender Linien gibt den Kompositionen eine eigene Ausdruckskraft. Die leicht bewegte Linienzeichnung wird

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jürgen Forster

Drei Dimensionen III

Acryl/digitale Grafiken

montiert auf MDF

30 x 30 cm, 2022

Horizontale Struktur,

Vertikale Struktur

Siebdruck

je 19 x 37 cm, 2020

 

zum Netzwerk aus geometrischen Formen und gebrochenen

harmonischen Farben. Andere grafische Blätter kombinieren den Siebdruck mit den klassischen Edeldrucktechniken Lithografie und Radierung.Die Intention war auch hier vom Ausstellungstitel vorgegeben: Die Grafiken zeigen ein Davor und ein Dahinter, und die Bildtiefe steht im Kontrast zu Linienzeichnungen, die im Auge der Betrachter scheinbar nach vorn rücken. Es ergibt sich ein Wahrnehmungswechsel zwischen Oberfläche und Raumtiefe.

 

 



 Linienkonstrukte, Linienstrukturen, von links: Grafik von Jürgen Forster, zwei Siebdrucke von Cornelia Rohde, Acrylmalerei von Cornelia Rohde